Die Frucht eines Gewächses ist das letzte Wachstumsstadium vor der Ernte. Daher steht sie für Reife und abgeschlossene Entwicklungen. Treten Agrarerzeugnisse auf der Leinwand in großen Mengen auf, will der Schöpfer Aspekte des Wohlstandes und der Fruchtbarkeit zum Ausdruck bringen.
Der Maler Giuseppe Arcimboldo (Spätrenaissance) arrangierte ganze Obstberge so, dass sie sich im Auge des Betrachters zu menschlichen Portraits zusammenfügten.
Kaum ein Lebensmittel hat in der Bildkunst einen solchen Image-Wandel durchlaufen wie die Kirsche: In der Malerei des christlichen Mittelalters fand sie sich zunächst gemeinsam mit dem Zankapfel der Ursünde in der Gruppe der geächteten Früchte wieder. (Übrigens wird die verbotene Frucht des Paradieses – je nach Provenienz des Urherbers – nicht ausschließlich als Apfel dargestellt.) Für Kunstschaffende aus Japan war die Kirsche immer positiv besetzt; ebenso wie die Samuraj, die sie symbolisierten: das rote Fruchtfleisch als Sinnbild für Selbstopfer.
Die im Mittelalter hierzulande noch sehr teure Südfrucht genoss den Status eines Luxusgutes. Ihr starker Säuregehalt wiederum hielt die Menschen davon ab, die Zitrone gierig und ohne Andacht zu verschlingen. So entwickelte sich der sparsame Einsatz in der Küche auf bildlicher Ebene zum Symbol für die Tugend der Mäßigung. Zudem galt die Zitrusfrucht als Abwehrmittel gegen lebensfeindliche Kräfte, wie Verzauberung, Gifte oder die Pest – angesichts ihrer nach wie vor geschätzten antibakteriellen Wirkung weitaus mehr als eine Allegorie!