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Aufschneider im Visier – die Kulturgeschichte des Messers (Teil 2)

Mittelalter und Neuzeit brachten immer mehr Arten von Messern hervor: Wer es sich leisten konnte und etwas auf sich hielt, hatte für jede Gelegenheit und Anwendung ein eigenes Messer.


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Irmingard Dexheimer

Diplom-Ökotrophologin (Ernährungs­wissenschaftlerin)
28. Dezember 2021
Bild: (c) BrandtMarke / pixelio.de

Messer als Multitool

Das deutsche Wort Messer leitet sich vom westgermanischen Wort matizsahsa ab. Es bedeutet "Speiseschwert". Sahsa ist wiederum mit dem lateinischen saxum, sprich "Stein", verwandt und eine Anspielung auf die steinzeitlichen Klingen des Paläolithikums.

Jahrhundertelang war es üblich, sein eigenes Messer am Gürtel überallhin mitzuführen, egal ob Mann oder Frau. Sie schnitten damit, was zu schneiden war: heute ein Stück vom Spießbraten, morgen Wildbret. Manchmal diente es auch der Selbstverteidigung; nicht umsonst entwickelte sich die Redensart "ihm sitzt das Messer an der Kehle", sprich: er befindet sich in einer bedrohlichen Lage. Nur reiche Adlige konnten sich verschiedene Messer für Jagd, Krieg und Tafel leisten.

 

Messer-Knigge

Da Messern immer eine Spur von Gewalttätigkeit anlastete, gab es strenge Tafelvorschriften: Nach Gebrauch sofort zu Tisch legen, nicht mit der Spitze auf jemanden deuten und nur mit dem Griff nach vorn weiterreichen. Die Chinesen spöttelten: "Die Europäer essen mit Schwertern."

Am mittelalterlichen Hofe zerlegte der Vorschneider, der sogenannte Tranchiermeister, große Fleischstücke in mundgerechte Häppchen und verteilte diese. Dem virtuosen Gehabe der in Italien entstandenen Zeremonie verdankt das deutsche Schimpfwort "Aufschneider" seine Herkunft. Das kunstfertige Tranchieren blieb bis in die Renaissance in Mode.

Eine nette Legende berichtet von Kardinal von Richelieu: Dem obersten Minister unter Ludwig XIII. war die gängige Sitte, sich mit dem Messer die Speisereste zwischen den Zähnen zu entfernen, ein Dorn im Auge. Nachdem sich ein Gast bei einem Essen in seinem Hause damit die Zähne gereinigt hatte, ließ er die Spitzen der Messer abschleifen.

In Wirklichkeit übernahm immer mehr die Gabel die Aufgabe des Messers, das Fleisch im Topf aufzuspießen und zum Munde zu führen. Die Messerklingen bekamen eine abgestumpfte Spitze – und so sehen sie ja auch heute noch aus.




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